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Regenwetter? Jetzt wird eingekocht!

Unsere Woche beginnt mit einem freien Tag, den wir auf der langersehnten Wanderung nach Varese Ligure verbringen. Der Wanderweg startet direkt vor dem Haus und ist insgesamt 24km lang. Zuerst müssen 300 Höhenmeter bis zu einem Pass erklommen werden und danach geht es 400 Höhenmeter hinunter ins Tal. Der Rückweg war also ziemlich anstrengend, aber wir sind sehr glücklich, nach Varese gelaufen zu sein. Das Wetter war super und wir hatten einen tollen Blick. Wir haben Khakis gepflückt, eine winzige Kapelle in den Bergen gesehen und die Stille genossen. Varese ist eine sehr kleine Stadt mit bunten Häusern und einem schönen Marktplatz. Mittag gab es in einer winzigen Osteria mit traditionellen Tagesgerichten. Es war teilweise so warm, dass wir noch im T-Shirt laufen konnten. Abends waren wir erschöpft, aber sehr zufrieden.

In den folgenden Tagen gab es noch ein paar Wintervorbereitungen auf dem Gelände zu treffen und wir haben unsere erste Hasenschlachtung erlebt. Danach wurde das Wetter schlechter und nach 4 Monaten Trockenheit kam endlich der lang ersehnte Regen. Aber auch drinnen gibt es viel zu tun. Nähen, basteln und Gläser etikettieren, aber vor allem ganz viel einkochen und einlegen. Der 15kg-Kürbis war neben dem Schälen der Maroni die größte Herausforderung. Da ist schon etwas Einfallsreichtum gefragt, um alles zu verwerten. Aber Juttas magische Rezepthefte und ihre Fantasie kennen keine Grenzen. Es gab Kürbisrisotto, Kürbismarmelade, Kürbischutney, Kürbissuppe, sauer eingelegten Kürbis und Kürbis aus dem Ofen. Das Schälen der Maroni war sehr mühsam, aber hat sich absolut gelohnt. Die Maronimarmelade mit einem Schuss Rum ist absolut göttlich!

Die Familie genießt ihre selbst hergestellten Produkte und alles wird sehr wertgeschätzt. Niemals würden sie Lebensmittel einfach wegschmeißen. Es steckt schließlich so viel Arbeit und Liebe darin und so soll es auch sein. Die Samen der meisten Pflanzen werden von der Familie selbst getrocknet und wieder ausgebracht. Gegen die trockenen Hände gibt es selbstgemachte Ringelblumensalbe. Spannend fanden wir auch die Würzpaste aus Gemüse und frischen Kräutern, die einem Brühwürfel entspricht. Der Geschmack übertrifft die konventionelle Variante aber natürlich bei Weitem. Außerdem ist die salzige Paste schnell gemacht und lange haltbar. Der kleine, aber sehr ergiebige Kräutergarten bietet alle Rohstoffe für selbst getrockneten und aromatischen Tee. Zwischendurch versorgt uns Jutta immer wieder mit den besten Büchern über Naturheilkunde, selbstgemachte Deko- und Geschenkideen mit natürlichen Zutaten oder Kochbüchern. Auch einen Filmabend haben wir schon gemeinsam gemacht. Wir fühlen uns wirklich sehr wohl.

Arno und mich macht besonders glücklich, dass im Esszimmer der Gäste ein Klavier steht. Hier können wir viel Musik machen und kreativ sein. Gutes Stichwort, denn uns fällt mehr und mehr auf, dass man in diesem Umfeld und mit wenigen äußeren Zwängen eine unglaubliche kreative Energie freisetzt. Die Freude über die natürlichen Produkte und die Befriedigung, die sich einstellt, wenn man "unnütze" Dinge weiterverarbeitet, regen zu außergewöhnlichen Ideen an. Wir basteln Grußkarten, Geschenkverpackungen und Arno näht Stoffbeutel aus Resten für die Gäste. Alle Materialien kosten kein Geld und würden für viele Menschen als Abfall gelten. Aber mit etwas Einfallsreichtum kann man fast allem noch einen Mehrwert geben. So diskutiert man beispielsweise am Tisch nach dem Essen darüber, was man aus dem Bonbonpapier basteln kann, was nach dem Naschen übriggeblieben ist (die Familie kauft so etwas normalerweise nicht, aber hat es geschenkt bekommen).

Wir werden nur noch 10 Tage hier sein, bevor wir zu unserem letzten Hof für dieses Jahr aufbrechen. Wir sind schon jetzt ein bisschen wehmütig, aber saugen weiterhin alles auf, was wir von der Familie lernen können. Alle gehen hier so respektvoll miteinander um und sind so zufrieden. Es ist wirklich toll, das zu sehen.