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Im Pferdehimmel

Langsam gibt es ein paar sonnige, frühlingshafte Tage, an denen man die Vögel zwitschern hören kann (oder auch den Schrei der 3 Eulen, die am Chateau leben).

Bevor wir das Wetter zum Reiten nutzen konnten, waren wir aber alle Anfang der Woche erstmal kränklich für 1-2 Tage. Den Grund haben wir nicht gefunden, aber wir waren alle zusammen schwach, hatten Gliederschmerzen und Übelkeit. Zum Glück ging das schnell vorbei und wir konnten bald wieder anfangen, uns mit den Pferden zu beschäftigen. Laura kennt Obispo jetzt schon gut und durfte sich dann auch an die wertvollen, etwas schwierigeren Pferde wagen. Die beiden Mädels Doobie Dam und Tentacion wurden longiert und danach auf Herz und Nieren unter dem Sattel geprüft.

Auch Arno ist nach über einem Jahr mal wieder im Sattel gewesen. Obispo ist mit ihm zusammen über den Platz geschwebt, Arno ist alleine im Schritt und Trab geritten und hat auch selbst longiert. Wir haben beide Muskelkater, da wir aus der Übung sind, aber es ist so schön und entspannend. Die Pferde sind wirklich gut erzogen und gut zu reiten. Wir bereiten uns auf die kommende Woche vor, in der Richard und Camilla in Schweden sein werden und wir das Anwesen übernehmen. Das bedeutet eine Menge Verantwortung, aber wir freuen uns drauf, da wir die Abläufe schon verinnerlicht haben und gut ausgerüstet sind.

Zum ersten Mal haben wir auch eine Behandlung beim Pferdezahnarzt live miterlebt. Eine spannende Sache, und Obispo hat das Ganze sehr ruhig über sich ergehen lassen. Die Pferde bekommen eine Art Maulsperre, damit sie nicht zubeißen können, und dann werden die Zähne mit einer elektrischen Feile abgeraspelt. Dadurch können die scharfen Kanten der Backenzähne nicht an der Schleimhaut reiben (bei natürlicher Fütterung in der Wildnis ist das natürlich nicht nötig).

Spannend in vielerlei Hinsicht waren diese Woche auch die Einblicke in das Leben unserer Gastgeber. Wir wurden zu mehreren Dinnerparties eingeladen, haben den Gesprächen über Pferdewetten, einflussreiche Kontakte und Möglichkeiten des Geldverdienens gelauscht. Zweifelsohne ist es eine komplett andere Welt, eine, in der wir uns nicht wohlfühlen und die wir nicht verstehen. Wir können das Ganze zum Glück mit etwas Abstand betrachten, da es unsere tägliche Arbeit hier nicht beeinflusst und die Beiden wirklich nett zu uns sind. Außerdem verbringen wir die meiste Zeit draußen oder in unserem Häuschen, kochen viel oder hacken Holz (wobei wir unsere Technik immer weiter verbessern!).

Es erweitert auf jeden Fall den Horizont, eine solche Gesellschaft nicht nur im Film zu sehen, sondern um sich zu haben. Die Prioritäten und Wertvorstellungen liegen hier ganz woanders. Eine teure Zigarre nach dem Essen, Immobilien auf der ganzen Welt und damit verbundenes Jetsetleben, Gespräche darüber, wo es die beste Gänsestopfleber der Region gibt (da kann man als Tierfreund schon mal wütend werden) und Preisvergleiche der billigsten Airlines, das sind hier die Themen. In die Tiefe geht es nie und Persönliches bespricht man nicht. Erstaunlich ist ebenfalls, wie wenig von dem reichlich vorhandenen Geld für Essen ausgegeben wird. Es muss täglich Wein, Fleisch und vermeintliche Delikatessen geben, aber alles aus dem Discounter und qualitativ äußerst fragwürdig.

Wir können es aber mit Humor nehmen, sobald wir mit den Beiden alleine oder bei den Pferden sind, sind sie deutlich normaler. Die Etikette muss eben nach außen gewahrt werden...

Gut zu wissen, dass wir beide zum Glücklichsein so wenig brauchen.